Zeitzeuginnengespräch mit Frau Dr. Michaela Vidláková

„Wir müssen die Geschichten weitergeben, aber wir müssen auch etwas tun!”

Am 27.01.22 besuchte uns Frau Vidláková anlässlich des Gedenktages an die Opfer des Nationalsozialismus. Diese Veranstaltung wurde uns mit Hilfe der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Siegerland e.V. und dem Vorsitzenden Herr Sander, der dankbarer Weise die Gesellschaft und die Zeitzeugenarbeit vorstellte, ermöglicht.

1936 wurde Frau Vidlákova in Tschechien in einer jüdischen Familie geboren. Mit sechs Jahren wurde sie nach Theresienstadt deportiert und mit achteinhalb Jahren von dort befreit. In dieser Zeit wurde sie einfach zur „Nummer 539“. Zunächst wurde Frau Vidláková in Theresienstadt in einem Kinderheim untergebracht, später dann schwer krank in das Infektionskrankenhaus verlegt. Sie sprach von Repressalien und Gesetzen der nationalsozialistischen Zeit, ihrem Aufenthalt im Lager Theresienstadt aber auch von schönen Momenten ihrer Erinnerung: Dem Zusammenhalt der Menschen in den schlimmsten Zeiten und berichtete wie sie von einem jüdischen deutschsprachigen Jungen in Theresienstadt die deutsche Sprache lernte. Erst als der Krieg vorbei war, konnte sie die Schule besuchen. Später studierte sie Naturwissenschaften an der Karls-Universität in Prag. Nach dem Krieg begann sie sich zusammen mit ihren Eltern intensiv für die Erinnerungsarbeit einzusetzen. 

Mithilfe einer Präsentation veranschaulichte Frau Vidláková ihre Berichte in unserer Aula. Nachdem eine Begrüßung seitens der Schulleitung Frau Cruz Fernandez, dem Vorsitzenden Herrn Sander und den SchülerInnen-Moderatoren stattgefunden hat, erfolgte der bedeutsame Vortrag von Frau Vidláková. In ihrem Vortrag ging sie auch auf das Ausmaß des Holocausts ein, indem sie von ihren Großeltern, Freunden und Bekannten berichtete, die in verschiedene Konzentrationslager deportiert wurden und die nationalsozialistische Zeit nicht überlebten. Neben zahlreichen Bildern von Politikern und des Konzentrationslagers, zeigte sie private Familienfotos. Weiterhin hatten wir, die SchülerInnen der Q1 und Q2 unserer Schule, die Gelegenheit Frau Vidláková Fragen zu stellen und an ihrer Geschichte teilzuhaben. Auf die Frage, wie ihr Leben heute aussieht, antwortete sie bescheiden, dass sie nicht viel benötige um glücklich zu sein. Ein Dach über dem Kopf, genügend Essen und Gesundheit für sie und ihre Familie, wären dafür völlig ausreichend. Eine sehr berührende und zum Nachdenken anregende Antwort, wie viele fanden. 

Eine weitere Frage war, wie sie die nationalsozialistisch gesinnten Personen in ihrem Umfeld (MitarbeiterInnen von Theresienstadt) erlebt hat. Als Antwort berichtete sie wie einem engen Freund die Zähne herausgeschlagen wurden. Die Schüler interessierten sich auch dafür, wie Frau Vidláková die Mitinhaftierten im Lager erlebt hat. Sie erzählte, dass alle Angst vor dem Transport in ein Konzentrationslager hatten und nicht von ihrer Familie getrennt werden wollten. 

Zum Schluss ihres eindrucksvollen Vortrags formulierte Frau Vidláková, dass jeder etwas tun kann, damit es nie wieder so weit kommt. Es gilt sich der schlimmen Geschehnisse immer wieder bewusst zu werden und gleichzeitig gegen Hass jeglicher Art zu kämpfen. Nun können unsere SchülerInnen als ZweitzeugInnen die Erinnerungen in die Welt tragen und für ein friedliches und wertschätzendes Zusammenleben Aller eintreten.

Aysu: „Es ist schön, dass Frau Vidláková keinen Groll gegenüber den heutigen Deutschen hegt.“

Jule: „Hut ab, dass sie keinen Hass gegen Personen hat, die an der Ermordung beteiligt waren.“

Katharina: „Ich fand den Vortrag sehr beeindruckend, da die Erzählungen besser rüberbringen, was damals geschehen ist, als Inhalte, die wir im Unterricht besprochen haben. Dazu haben vor allem die persönlichen Bilder beigetragen.“

Verfasst vom Geschichtszusatzkurs der Q2

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